Samstag, 9. August 2008

Die Altstadt

Hallo Zusammen,

eigentlich wollte ich jetzt mal einen kompletten Bericht meiner ersten Tage und meiner Reise geben, aber allein Heute ist schon wieder zu viel passiert um auch noch über das schon länger vergangene zu schreiben.

Zuerst einmal habe ich heute morgen sehr lange geschlafen und gechillt, so dass ich erst gegen halb zwölf aus dem Haus bin. Habe also meine Kamera und ein "Walking Tour Jerusalem" von meinem Mitbewohner gepackt und bin mal wieder ab in die Altstadt. Einfach verrückt, lässt sich nicht beschreiben, desshalb lade ich gleich noch nen Haufen Bilder hoch.

Ich bin also erst mal alleine durch die Altstadt getigert, angefangen beim Damaskus Gate im arabischen Viertel. Dort war heute wie immer die Hölle los, überall Märkte, Stände und einfach ganz viel Leben auf der Straße. Im Gegenteil zum jüdischen Viertel, die machen ja heute Shabat.
Dort bin ich also rumgelaufen, habe leckeres arabiches Zeugs gegessen, Obst gefuttert und mich von allerlei Händlern vollquatschen lassen. Ich weis auch nicht genau wie die das machen, aber ohne was gesagt zu haben, wusste die dass ich deutscher bin, hmmm !? Dann bin ich ins christliche Viertel, wo komischerweise die meisten Verkäufer auch Moslems sind. Nur wird man dort noch viel mehr voll gequatscht. Einer hat mich gleich mal zum Tee eingeladen und mir seine Karte gegeben, ich soll doch mal wiederkommen und mit ihm quatschen. (Natürlich wollte er mir zwischendurch auch die verschiedensten Dinger andrehen) Gleich im nächsten Laden - obwohl man das nicht so recht unterscheiden kann, ist eine Gasse die eigentlich fast schon ein Laden ist - wollte mir dann einer der eigentlich Kruzifixe und so Zeugs verkauft Haschisch andrehen. Hätte ich nicht gedacht, aber es ergibt sich der Eindruck als sei das christliche Viertel das schrägste :-)

Also, nach längerem alleine rumstromern kam eine SMS von zwei Mädels die ich zuvor kennengelernt habe. Maria aus Berlin, die habe ich am Flughafen getroffen und bin auch mit ihr zusammen von TelAviv her gefahren und Anna die lustige Polin. Mit denen wollte ich dann in die Al Aqsa Moschee, war aber heute irgendwie mal wieder nicht erlaubt. Morgen wieder haben sie gesagt. Dann also wieder planlos rumlaufen, ein bischen Klagemauer, Geschäfte anschauen. Lustig ist echt mit blonden Mädels rumzulaufen. Da kommen dann von 12 bis 70 jährigen Sprüche wie: "Do you need a boyfriend (12 j.)", oder "you've been in my shop yesterday, I love you". Sehr lustig, jedenfalls für mich :-)

Das Highlight des Tages war, nachdem wir uns auf dem Weg in die Künstlerkolonie in einem arabischen Viertel verlaufen hatten. Zuerst haben wir uns eine rießen Wassermelone gekauft und diese gleich noch im Laden mit einem winzigen Messer geschlachtet. Dann hatten wir uns wirklich verlaufen wie uns klar wurde, da trafen wir auf einen jungen Araber der sich nett mit uns unterhielt und dann meinte, er kenne hier was total cooles, das müsse er uns zeigen.

Wir trauten der Sache zu Begin nicht so ganz, da er die ganze Zeit was von Quelle und unterirdisch und "ich besorg den Schlüssel und führ euch da durch" redete. Sind dann aber einfach mal mit gegangen. Es fing schon mal sehr interessant an, da wir zu einer Ausgrabungsstätte mitten in diesem Viertel kamen und dann führte er uns eine lange Treppe hinunter. Diese War allerdings oben vergittert und er musste erst den Onkel mit dem Schlüssel auftreiben. Unten war dann der "Silwan Pool", ein kleines Becken mit Wasser, welches aus einem Spalt im Boden kam. Zum Glück hatten wir bis dahin festgestellt, dass er auch Hebräisch kann, so dass er den beiden Mädels erklären konnte was das alles ist. Der Spalt ist der Eingang zu einem 500 Meter langem Tunnel, der vor über 2000 Jahren von Hand in den Stein gemeiselt wurde, um Wasser von einer Quelle in die Davidsstadt zu leiten. Noch immer trauten wir der Sache nicht ganz, ich hatte ja schon mal in Holland so ein Erlebnis wo einer sehr nett war und uns was zeigen wollte, wobei ich dann plötzlich ein Messer an meiner Kehle hatte. Doch zu diesem Kerl fassten wir langsam vertrauen, er wieder ab zum Onkel um Taschenlampen zu besorgen und wir also mit ihm in den Tunnel.
Man man man, das war eine Prüfung für meine Platzangst. Bis zu den Knien im Wasser, der Spalt keinen Meter breit (zum Glück aber noch einige Meter hoch) folgten wir ihm also mit unseren Taschenlämpchen. Nach ca. 100 Metern, wurde es allerdings ziemlich niedrig und noch enger, so dass ich echt die Krise bekam und umdrehte. Die Mädels waren tapfer und wollte weiter. Von der Neugierde getrieben (er versprach uns alte Inschriften und die beiden studieren Judaistik). Als ich alleine auf dem Rückweg war gewöhnte ich mich dann aber doch an die Dunkelheit und den Spalt (es war echt scheißdunkel) und am Ausgang angekommen beschloss ich meine Angst weiter zu bekämpfen. Also bin ich wieder zurück um dann kurz darauf auf Maria zu treffen, ihr wurde es auch zu eng. Also noch mal ein Stück zurück, doch dann fassten wir allen unseren Mut zusammen und gingen bis zum Ende. Unterwegs gaben dann aber nach und nach alle Taschenlampen (bis auf die dieses Kerls, der natürlich auch noch passenderweise Ali heist :-) ). Doch wir blieben Tapfer und spazierten bis zum Ende, wo wir alte Inschriften in Keilschrift und ein Loch in der Decke fanden, das scheinbar bis hoch in einen Brunnen führt.
Das war ein wirklich cooler Ausflug und auch mal wieder ein echt glücklicher Zufall, dass wir das überhaupt gezeigt bekommen haben, aber ich war doch sehr froh wieder draussen zu sein.

Danach haben wir dann auf einem schönen hohen Gebäude rumgehangen und uns gesonnt und getrocknet (Hosen waren ja nass). Hmm, und dann schon wieder was seltsammes. Man hat sich ja schon ein bischen daran gewöhnt, dass überall Waffen sind. Es ist normal einen Familienvater zu sehen, der in der einen Hand sein Kind und in der anderen Hand ein Maschinengewehr hat. Auch dass überall Soldaten sind. Aber als dann plötzlich ein halb Zivil gekleideter Soldat mit gezogener Waffe und Knopf im Ohr, sehr ernst schauend auf unseren Aussichtspunkt kam und dort beunruhigt alles abgesucht hat, fühlten wir uns doch ein wenig komisch. Er funkte die ganze Zeit und Zielte immer nach unten, checkte alles ab wie in nem Agentenfilm, aber dann war er auch plötzlich wieder weg. War wohl falcher Alarm.

Ich glaube ich brauche noch ein paar Tage bis ich mich an das alles gewöhnt habe. Es fällt einem allerdings nicht allzu schwer, da alle anderen so normal damit umgehen. In Deutschland wäre man zu Tode besorgt, aber hier ist es eben nun mal ganz normal, dass man überall gecheckt und durchsucht und überprüft wird.

Um den Tag ausklingen zu lassen, und da wir nach über 7 Stunden rumwandern auch ganz schön geschafft waren, sind wir dann noch ein ein armenisches Restaurant und haben megalecker zu Abend gegessen.

Ahh, jetzt habe ich gerade noch nen Anrufe bekommen, Anorte (habe ich auch auf dem Flughafen getroffen) sitzt zufällig mit einer Freundin von Cyre aus Heidelberg an der Klagemauer. Da geh ich jetzt auch noch hin. Ist abens sowieso schön aber da morgen auch noch ein Feiertag ist (eher Trauertag, da der Tempel zerstört wurde) ist bestimmt noch mehr los.

Ach genau, einen arabischen Friedhof habe ich auch noch besichtigt, ich lade am besten mal die Bilder hoch und wünsche noch einen schönen Abend

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